Objektschutz - mehr als ein Routinejob für junge Polizisten

Objektschutz
Objektschutz - mehr als ein Routinejob für junge Polizisten
Objektschutz ist eine Pflichtaufgabe. Vor allem junge Polizeikräfte sind im Einsatz. In Nordrhein-Westfalens einziger Polizeiwache Objektschutz versehen 177 Beamtinnen und Beamte ihren Dienst.
Hayke Lanwert

Wenn die Polizeibeamtinnen und -beamten an der Uerdinger Straße in Düsseldorf eine wirklich dramatische Geschichte erzählen wollen, dann gerne diese: Wie zwei von ihnen vor einigen Jahren im Stadtteil Wittlaer den privaten Wohnsitz des britischen Generalkonsuls bewachen. Ein Routine-Job eigentlich. Bis sie auf ihrem Streifengang Ungewöhnliches entdecken. Denn die Gartentür der Villa nebenan ist nur angelehnt. Den Beamten schwant Übles. Wenig später stoßen sie im Wohnzimmer des Hauses auf die gefesselte Bewohnerin. Ihr Mann liegt, von Einbrechern misshandelt, im Keller. 

177 Beamtinnen und Beamte zählt die Polizeiwache Objektschutz in Düsseldorf. Nirgendwo in Nordrhein-Westfalen gibt es so viele Gebäude und Einrichtungen zu bewachen wie hier: das Regierungsviertel, die Generalkonsulate, die Synagoge und das Altenheim sowie die Kita der jüdischen Gemeinde und nicht zuletzt der Zweitwohnsitz des Ministerpräsidenten. Objektschutz, das geht bis hin zum Streifendienst rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. Zu Fuß, in Postenhäusern, im Einsatzwagen. Bei Wind und Wetter, Eiseskälte und brüllender Hitze. 

Mit der fragilen Weltlage wachsen auch die Ansprüche an den Objektschutz in Deutschland. „In ganz Nordrhein-Westfalen wird eine hohe dreistellige Zahl von Objekten bewacht. Seit dem 7. Oktober 2023, seit dem Angriff der Hamas auf Israel, wurde der Schutz an bekannten Schutzobjekten erhöht“, sagt Thomas Görgens, zuständiger Referent im Innenministerium. Ukraine-Krieg und Nahost-Konflikt erfordern hohe Sicherheitsmaßnahmen für Konsulate aller Staaten. 

Doch wer Action sucht, so wie bei dem eher zufälligen Einsatz im Wittlaer Villenviertel, der ist als Polizistin oder Polizist in der Polizeiwache Objektschutz definitiv am falschen Platz. „Nein, wir können hier nicht so gut glänzen“, sagt Markus Mannheim, der 58-jährige Leiter der Wache, und: „Objektschutz ist eine Pflichtaufgabe für junge Polizistinnen und Polizisten, die nach ihrer Ausbildung zum gehobenen Dienst ein Jahr bei uns absolvieren müssen. Gerade Berufsanfänger wünschen sich natürlich Action. Weil wir die hier eher selten bieten können, versuchen wir, das mit einem guten Arbeitsklima auszugleichen.“ 

Raus aus der wuseligen Wache, die auch an diesem Tag durch die regelmäßigen Ortswechsel der Beamtinnen und Beamten immer in Bewegung ist. Rein in den Streifenwagen Richtung Innenstadt. Ganz in der Nähe des Düsseldorfer Hauptbahnhofs liegen das britische und das US-amerikanische Generalkonsulat. Im gläsernen Postenhaus davor stehen seit eineinhalb Stunden die jungen Polizeikommissare Niklas K. und Adrian S. Es ist wenig mehr als null Grad, der Himmel liegt grau und unwirtlich über der Stadt. Und die Szenerie rund um den Bahnhof ist auch in Düsseldorf nicht einladender als anderswo. Drogenabhängige und psychisch Kranke inmitten des permanenten Stroms von Passanten. Genau hier wurde vor knapp vier Jahren zum ersten Mal in Nordrhein-Westfalen von Polizeikräften ein Taser eingesetzt. 

„Es gibt schönere Jobs“, sagt auch Adrian S. und muss selbst über seine Feststellung etwas grinsen, „aber das Team und das Arbeitsklima machen es interessant!“ Gerade rollen die Kollegen im Streifenwagen an. Ablösung. Zurück nach Golzheim auf die Wache. Danach Fahrposten, dann Wache vor der Synagoge. Die Füße sind längst kalt, umso herzlicher werden die nahenden Kollegen begrüßt. 

Polizeihauptkommissar Björn S. ist gerne auf der Polizeiwache Objektschutz. Vor sechs Jahren kam der 43-Jährige aus Rheinland-Pfalz nach Düsseldorf. Er suchte diesen Wechsel und bereut ihn bis heute nicht. „Die Arbeit mit den jungen Leuten, mit den Berufsanfängern, macht mir großen Spaß. Sie zu motivieren …! Auch wenn sie nach ihrem Studium nicht freiwillig bei uns sind. Aber die Gemeinschaft funktioniert!“ 

Weiter in den Norden der Stadt, zur jüdischen Synagoge auf dem Paul-Spiegel-Platz. Die jüdische Gemeinde Düsseldorf ist die drittgrößte deutschlandweit, die größte in Nordrhein-Westfalen. Nicht erst seit dem Hamas-Anschlag gilt für sie die höchste Sicherheitsstufe. „Es ist sehr feindlich für uns geworden seit dem Oktober 2023. Wir sind dem Staat und der Polizei sehr dankbar, dass wir geschützt werden“, sagt denn auch Mark Z., der Leiter der Sicherheitsabteilung der jüdischen Gemeinden Nordrhein-Westfalens. 

Seit 26 Jahren macht Mark Z. diesen Job. Und er weiß nur allzu gut, wie sich Sicherheitslagen ändern können. Dass hier an der Synagoge nichts passiert ist in all den Jahren, dass jüdisches Leben gelebt werden kann, hat für ihn mit der alltäglichen Präsenz der Polizei zu tun. Im Blick behalten, wer sich im Umfeld aufhält, wer sich auffällig benimmt. Schon das allein schreckt ab. 

Kürzlich hatte sich der Sicherheitsmann eine palästinensische Demonstration in der Innenstadt angesehen und miterlebt, wie ein Mann zu seiner Familie sagte: „Man muss alle Juden mit Benzin übergießen und anzünden! Wir werden sie alle vernichten.“ Mark Z. zog die Polizei hinzu und erstattete prompt Anzeige. Tatsächlich genießen viele jüdische Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen den höchsten Schutz. Zuständig sind die Kreispolizeibehörden, der Staatsschutz prüft jeweils die konkrete Gefährdungslage. 

Das Gros der Objekte in Nordrhein-Westfalen, rund 95 Prozent, steht allerdings auf einer erheblich niedrigeren Schutzstufe. Militärische Objekte, die von Polizeistreifen zusätzlich beobachtet werden. Regelmäßige Kontrollen an den Zäunen von Flughäfen. Oder die Wohnung einer Frau, die von ihrem Ex-Freund bedroht wird. „Auch die Zahl dieser Einsätze hat sich erhöht. Wir sind sensibler geworden beim Thema häusliche Gewalt“, sagt Thomas Görgens. 

„Es gab Zeiten, da war es weniger unruhig in der Welt, da konnte der Objektschutz massiv zurückgefahren werden. Aber das ist lange her. Egal ob Asien oder Naher Osten, jeder neue Konfliktherd hat auch hier für uns Auswirkungen“, erklärt Markus Mannheim. Polizeihauptkommissar Björn S. plant, demnächst die Düsseldorfer Wache zu verlassen. Weg vom Schichtdienst, mehr Zeit haben für seinen 13-jährigen Sohn. 

Sein Chef Markus Mannheim weiß, es werden neue Kolleginnen und Kollegen kommen. Die jungen Berufsanfänger, so wie jedes Jahr. Aber auch ältere Polizeikräfte, die nach Jahren im Dienst weg von der Straße wollen. Mannheim: „Die sagen mir auch schon mal: ‚Ich möchte mich nicht mehr bespucken lassen!‘“

In dringenden Fällen: Polizeinotruf 110